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#Produkttrends

Metamorphose eines Landes

Gewebte Transparenz als Zeichen für Aufbruch und Öffnung

Als Tor zu Afrika erlebte Libyen seit seiner Gründung in der Antike eine wechselvolle Geschichte. Zahlreiche Kriege und Eroberungen, aber auch der widersprüchliche Reformkurs von Staatschef Muammar al-Gaddafi prägten das schöne Land am Mittelmeer, das fünfmal so groß wie Deutschland ist und seit Jahrzehnten im selbst verursachten Dornröschenschlaf lag. Seit dem Ende der internationalen Isolation im Jahr 2004 befindet sich der Wüstenstaat im Aufbruch. Umfangreiche Öl- und Gasexporte sind das Rückgrat seiner boomenden Wirtschaft, die zusätzliches Wachstumspotenzial durch eine behutsame Öffnung für den Tourismus erschließen will. Mit über 2.000 Kilometern Mittelmeerstrand, prachtvollen antiken Ruinen und malerischen Sanddünen in der Sahara lockt Libyen als noch nahezu unberührtes Paradies. Die Hauptstadt Tripolis verwandelt sich mit zahlreichen Bauprojekten in eine moderne Wirtschaftsmetropole, deren Architektur von einem neuen Selbstverständnis zeugt. Hierfür steht beispielhaft das im Februar fertig gestellte Tripoli International Convention Center der Istanbuler Architekten Murat und Melkan Tabanlioglu. In reduzierter Formensprache gestalteten sie einen repräsentativen Tagungsort, dessen semitransparente, vielfach geschlitzte Hülle aus bronzefarbenem Metallgewebe dem Bau einen mystischen Charakter verleiht. An der Stirnseite wird eine transparente Medienfassade aus Mediamesh® zum markanten Zeichen einer neuen Form kommunikativer Offenheit.

Mit zahlreichen Großprojekten, darunter dem türkischen Pavillon auf der EXPO 2000 in Hannover und dem Dogan Medienzentrum in Ankara für den größten türkischen Medienkonzern machte sich das Architekturbüro Tabanlioglu auch international einen Namen. Murat Tabanlioglu, der zusammen mit seiner Frau Melkan das Büro seit 1994 führt und an der TU Wien studierte, setzt auf die kommunikative Kraft von Architektur, die die Besonderheiten von Standort und spezifischen Objektanforderungen global gültig verbindet. Das Tripoli International Convention Center liegt in einem großen Park mit altem Baumbestand. Tabanlioglu konzipierte es als zweigeschossigen, scharfkantigen Bau mit zurückliegender Glasfassade und auskragender Dachkonstruktion, der die natürliche Umgebung subtil integriert.

Der Natur nachempfunden

Der langgestreckte, liegende Quader wird großflächig von bronzefarbigem Metallgewebe der international führenden technischen Weberei GKD – Gebr. Kufferath AG umspannt. Ursprünglich hatten die Architekten feinmaschiges Bronzegewebe vom Typ Mandarin vorgesehen. Ein Ansatz, der den materialtypischen Eigenschaften von Bronze – Anlaufen unter Einwirkung von Sauerstoff – widerspricht. Deshalb entwickelte GKD eine optisch gleichwertige aber dauerhaft farbstabile Lösung, mit der Edelstahlgewebe vom Typ Kiwi im gewünschten Bronzefarbton lackiert wurde. Anspruchsvolle Tests belegen die dauerhafte Brillanz, UV- und Wetterbeständigkeit der lackierten Gewebe. In Tripolis kamen 8.500 Quadratmeter dieses Gewebes, dessen weicher Farbton dem Sand der libyschen Wüste entspricht, zum Einsatz. Eine besondere Herausforderung war die Idee der Architekten, das Gewebe in über 500 rauten- und trapezförmige Paneele unterschiedlichster Abmessungen zuzuschneiden. Um Kosten- und Zeitaufwand hierfür in vertretbarem Rahmen zu halten, übertrug GKD die Umrisse der einzelnen Paneele mittels modernster Lasertechnik auf die Gewebebahnen. Die präzise auf Maß geschnittenen Paneele wurden in Tripolis so an der Fassade montiert, dass nach einer ausgeklügelten Mustervorgabe unterschiedlich große, wie zufällig anmutende Schlitze entstanden. Ihre Anordnung greift die Struktur der Baumrinde von den umgebenden Pinien auf und verleiht der gewebten Haut so eine wie natürlich gewachsene Optik.

Funktionaler Mehrwert

Die Semitransparenz des filigranen Gewebes verhindert unerwünschte Einblicke von außen, lässt aber dennoch diffuses Tageslicht in den weitläufigen Innenraum. Von dort ist der Blick unverstellt frei auf die umgebende Landschaft, die so mit dem Säulenentree verschmilzt. Dieser visuellen Transparenz zum Trotz verhindert die textile Haut tagsüber als vollwertiger Sonnenschutz direkte Sonneneinstrahlung und verwandelt den Wind in einen gleichmäßigen, milden Luftstrom, der eine angenehme, natürliche Kühlung ohne Zugluft gewährleistet. Der Abstand des Gewebes zur Glasfassade wurde so groß gewählt, dass ein wohl klimatisierter Wandelgang zwischen Glas und Gewebe entsteht, dessen kühlende Wirkung auch die Gesamtkühllast des Gebäudes nachhaltig senkt. Abends entfaltet die gewebte Membran ihren ganz besonderen Zauber: Sobald das Gebäude von innen erleuchtet wird, dringt das Licht durch die Schlitze und Gewebemaschen, so dass die Fassade wie ein lichtdurchfluteter Wald anmutet und eine faszinierende Symbiose mit den umgebenden Bäumen eingeht.

Spektakuläre Kommunikationsplattform

Je nach Anlass und Stimmung setzt das neben dem Haupteingang montierte Mediamesh® zusätzliche spektakuläre Impulse. 350 Quadratmeter Edelstahlgewebe mit eingewebten LED-Profilen medialisieren dort, wo internationale Repräsentanten künftig ein- und ausgehen sollen, die Fassade. Neun Paneele Mediamesh®, jedes zwölf Meter lang und 3,22 Meter breit, wurden hier harmonisch vor der Glasfassade in die bronzefarbige Gewebehaut integriert. Die hohe Auflösung mit 292.400 Pixeln gewährleistet perfekte Videoqualität. Alle 4,25 Zentimeter wurden die im Abstand von vertikal vier Zentimetern eingewebten LED-Profile mit Leuchtdioden bestückt. Sie verwandeln die transparente Haut in eine Medienfassade mit höchst variantenreichem Einsatzspektrum. Neben individuell entwickelten Bespielungen werden Veranstaltungen, Konferenzen oder Filme als Livefeed auf das medialisierte Gewebe übertragen. Dieses gestaltet die Wiedergabe nicht nur für einen stilvollen Empfang, sondern macht sie zu einem gelebten Austausch zwischen Innen- und Außenraum – atmosphärisch, optisch und inhaltlich. Entscheidend für den Einsatz von Mediamesh® war deshalb nicht nur die Brillanz der Wiedergabe bei Tageslicht, sondern auch die Transparenz des Systems, das die freie Aussicht nicht beeinträchtigt, gleichzeitig aber ebenfalls effektiven Sonnenschutz bietet. Kombiniert mit extremer Witterungsbeständigkeit – ohne Kühlung widersteht es sowohl dem subtropischen Klima als auch Sandstürmen und starken Regenfällen – erfüllt das innovative Medialisierungssystem auch wartungstechnisch die hohen Anforderungen der Planer.

Repräsentation als aktiver Austausch

Das vielschichtige Zusammenspiel der bronzefarbenen Membran und der Medienfassade entbindet die Architektur des Tripoli International Convention Center von tradierten Repräsentationsaufgaben. Die funktionale Einfachheit des Entwurfs stellt die Repräsentation dennoch in ihren Mittelpunkt, indem sie mit gebotener Klarheit und Ernsthaftigkeit die statische Wirkung des Gebäudes zugunsten eines dynamischen Austauschs mit der Umgebung aufhebt. Das Kleid aus Metallgewebe agiert dabei als zeitgemäßer, dialogstiftender Mittler.

Gesponnene Transparenz als Symbol für Förderung und Offenheit

Infos

  • Tripoli, Libya
  • Ursula Herrling-Tusch